Papierloses Büro: Wunsch- oder Albtraum?
Das Thema hat den Status erbaulicher Sonntagslektüre verlassen. Datenschutzgesetze und brandaktuelle Fragen zur Cyber Security zwingen zur Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen.
Papier vs. Elektronik
Wälder abholzen für Briefpapier? Kernkraftwerke bauen für Datenverkehr? Auf diese komplexen Fragen soll hier nicht eingegangen werden. Hingegen muss sich jede KMU heute folgenden Fragen stellen:
- In welchem Masse sind unsere Daten gegen Zerstörung, Fälschung oder missbräuchliche Verwendung geschützt?
- Wie steht es um langfristige Portabilität und Lesbarkeit der Daten?
- Wie ist der Datenschutz, also der Schutz von Personen bzw. ihren Rechten an Daten geschützt? Die neue Verordnung der EU (DSGVO) hat auch Auswirkungen auf die Schweiz, ganz abgesehen von der entsprechenden Anpassung des Schweizer DSG.
- Risk Management: Verwaltungsräte sind verpflichtet, im Geschäftsbericht auf Risiken einzugehen. Je nach Branche gehören Risiken im Zusammenhang mit Daten zwingend dazu.
- Wo können bzw. müssen Prozesse angepasst werden, um die Wettbewerbsfähigkeit im Markt zu erhalten?
Wo lohnt sich die Umstellung?
Grundsätzlich können nahezu alle Dokumenttypen elektronisch verarbeitet und archiviert werden. Allerdings ist der Nutzen nicht überall gleich gross. Zu beachten ist auch, dass neben der rein finanziellen Einsparung auch organisatorische Aspekte und Opportunitätskosten berücksichtigt werden sollten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Unterschied zwischen Verarbeitung und Aufbewahrung. In der Verarbeitung beachten wir:
- Wie werden Informationen automatisch aus Dokumenten ausgelesen?
- Wie erfolgt die weitere Verarbeitung?
- Welche manuellen Eingriffe sind im Workflow erforderlich (Freigaben, Einfügen von zusätzlichen Informationen wie Kontierung usw.)
Für die Archivierung stehen folgende Punkte im Fokus:
- Suchmöglichkeiten
- Zugriff via Browser/Cloud nötig oder sinnvoll?
- Berechtigung
- Löschkonzept
Besonders vielversprechend: Kreditoren
Grundsätzlich gilt, dass Medienbrüche nicht nur hohe Kosten, sondern auch die häufigsten Fehler und Risiken darstellen. Wer also nicht mit seinem Lieferanten und weiteren Stakeholders via EDI Electronic Data Interchange verbunden ist, erfasst Kreditorenrechnungen oft noch manuell. Hier besteht grosses Potenzial, wobei zu unterscheiden ist zwischen
- Rechnungen mit Bezug zu einer Bestellung
- Rechnungen aufgrund von Vertrag oder Gesetz
Im ersten Fall werden bei vollautomatischer Verarbeitung nicht nur die ERP-Daten auf der Beschaffungsseite, sondern auch die Zahlung via Bank geregelt. Quasi kostenlos und fehlerfrei.
Potenzial bietet aber auch der zweite Fall, zum Beispiel bei Gebührenrechnungen für Telefon, Strom usw. Da meistens der Lieferant mit entsprechenden Angaben zu Kosten- und Aufwandart hinterlegt ist, erfolgt die Verbuchung ebenso automatisch wie die Zahlung – im Idealfall sogar mit einer Überprüfung der Richtigkeit (Doppelzahlung aufgrund Doppelfakturierung).