Outsourcing – Mehr als nur Callcenter in Indien
Möchte ein Unternehmen Aufgaben, Teilbereiche oder gar ganze Geschäftsprozesse an Dritte auslagern, spricht man von Outsourcing. Das Wort selbst setzt sich aus drei anderen englischen Wörtern zusammen:
Outside, resource und using.
Also „aussenstehende Ressourcen Benutzung“. Man gibt demnach Funktionen, die man als Unternehmen vorgängig selbst wahrgenommen hat, an spezialisierte Dienstleister ab. Generell beschränkt man sich bei dieser Auslagerung auf Sekundärfunktionen und behält aber die Kernkompetenzen im eigenen Unternehmen.
Die meistgesehene Form einer solchen Auslagerung ist das IT-Outsourcing. Dabei gibt ein Unternehmen die vollständige IT-Infrastruktur an einen IT-Anbieter ab und betreibt diese nicht mehr selbst. Aber auch in anderen Branchen können Auslagerungen beobachtet werden. Z.B. lassen viele Kleinunternehmen ihre Lohnbuchhaltung von einem externen Unternehmen vornehmen. Dadurch sparen sie Kosten für die Personalverwaltung. Denkbar sind auch externe Dienste, die Personal für ein Unternehmen rekrutieren.
Gründe für Outsourcing
Beweggründe für ein Unternehmen, Strukturen an andere Unternehmen abzugeben, kann es verschiedene geben. Hier eine Auswahl davon:
- Kosten sparen, da die Dienstleister Spezialisten sind.
- Verbesserung der Qualität.
- Höhere Effektivität, da Konzentration auf Kernkompetenz des Unternehmens.
- Verbesserte Skalierbarkeit, insbesondere bei kurzfristigen Auslastungsschwankungen
- Schnellere Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen
Intern oder extern?
Man unterscheidet generell in unternehmensinterne und –externe Auslagerung:
- Unternehmensintern
Die Auslagerung der Aufgaben erfolgt bspw. an eine Tochtergesellschaft. Nicht unüblich ist auch, dass ein neues Unternehmen gegründet wird oder aber Leiharbeiter eingesetzt werden. - Unternehmensextern
Die Aufgaben werden ausschliesslich an fremde Unternehmen abgegeben. Dies kann regional geschehen, oder auch international. Aufgrund tiefer Durchschnittslöhne ist aber eher Letzteres die häufig gewählte Variante, Bsp. China, Indien.
Formen und Varianten
- Business Process Outsourcing (BPO)
BPO beschreibt die Auslagerung von vollständigen Geschäftsprozessen. Bspw. gibt ein Unternehmen den gesamten Geschäftsablauf bezüglich Retouren an eine andere Firma ab. - Knowledge Process Outsourcing (KPO)
Möchte ein Unternehmen Aufgaben von hoher Komplexität auslagern, welche speziell geschulte Mitarbeiter erfordern, spricht man von Knowledge Process Outsourcing. Beispiele dafür sind Marktforschung, juristische Aufgaben oder kreative Prozesse wie Design. - Outtasking
Von Outtasking spricht man, wenn Unternehmen klar abgegrenzte Aufgaben oder Funktionen(tasks) abgibt, dabei aber den übergeordneten Geschäftsprozess bei sich behält. Denkbar sind z.B. Software-Entwicklung, Datenverarbeitung oder Webdesign. - Selective Outsourcing
Hier handelt es sich um einen Mix von BPO und Outtasking. Das Unternehmen lagert ausgewählte Teilbereiche aus. Dabei handelt es sich um mehr als nur einzelne Aufgaben wie beim Outtasking, aber auch weniger als vollständige Prozesse wie bei BPO. Ein Beispiel wäre die Einführung einer IT-Applikation. Dabei würde man ausschliesslich den Betrieb der Software selbst auslagern.
Vorgehensweise
Ob sich Outsourcing als eine passende Massnahme für Unternehmen eignet, lässt sich nicht pauschal beanworten, sondern hängt vom Unternehmen selbst ab. Es gibt aber Vorgehensweisen, die sich als verlässlich erwiesen haben. Solche nennt man auch Best Practises. Im Folgenden eine mögliche Vorgehensweise:
- Analysieren des Ist-Zustands
- Bestimmung des nachfolgenden Prozesses
- Abschätzung des Potentials
- Vorbereitungen treffen
- Kick-off Meeting
- Entwickeln eines Lösungsmodells
- Vergleich von alternativen Lösungsmöglichkeiten
- Man stattet das Projektteam mit Entscheidungskompetenzen aus
- Erstellen einer Kostenrechnung
- Bewertung und Auswahl des Dienstleisters
- Erstellen und Auswerten der Ausschreibung
- Abstimmen des Pflichten- und Lastenhefts
- Umsetzung
- Ausarbeiten eines konkreten Zeitplans für die endgültige Umsetzung
- Fortführen des Projektmanagements sowie Durchführen von Qualitätskontrollen
Beispiele
- Callcenter
Der Kundenservice eines Unternehmens wird teilweise oder vollumfänglich von einem professionellen Callcenter übernommen. - Online Marketing
Ein Unternehmen übergibt die Pflege seiner sozialen Netzwerke an spezialisierte, externe Marketingunternehmen. - Verlagerung der Produktion
Ein Kleiderhersteller verlagert seine Produktion typischerweise nach Asien, aufgrund der geringeren Kosten.
Beliebte Outsourcing Länder
Nicht unerwartet tauchen beim Thema Outsourcing meistens asiatische Länder in der Top10 auf. Vor allem Malaysia, Indien und China sind besonders beliebt. Es existieren aber durchaus auch in Europa beliebte Standorte für Outsourcing-Vorhaben. Beispielsweise ist Irland, selbst für US-Unternehmen wie Apple, aufgrund von verhältnismässig tiefen Kosten und guten Arbeitern, ein beliebtes Domizil.
Vor- und Nachteile des Outsourcings
Geschäftsprozesse auszulagern hat natürlich sowohl auf die Unternehmung wie auch auf das Umfeld verschiedene Auswirkungen. Im Folgenden finden Sie einen Überblick zu den verschiedenen Gesichtspunkten.
Vorteile
- Unternehmen können sich, durch Abgabe von Kompetenzen, auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.
- Mögliche Kosteneinsparungen durch die Verlagerung zu anderen Unternehmen.
- Erreichen von Steuervorteilen. Aufgrund der entstehenden Kosten der Auslagerung, vermindert sich der zu versteuernde Gewinn.
- Qualitätsvorteile – Spezialisierte, erfahrene Arbeiter erbringen unter Umständen besser Leistungen als die eigenen.
- Strategische Partnerschaften können neue Geschäftsfelder öffnen. Dies wird vor allem interessant bei der Betrachtung der vertikalen Integration.
Nachteile
Der Hauptnachteil beim Outsourcing liegt in der Abhängigkeit vom Dienstleister. Sobald dieser in Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder qualitativer Natur kommt, können unter Umstände schwere Folgekosten für das eigene Unternehmen bedeuten. Vor allem kann ein Unternehmen, das Prozesse ausgelagert hat, diese nicht so einfach wieder rückverlagern: durch die Kompetenzabgabe fliessen auch Wissen und Know-How ab. Dieses muss bei einer Rückverlagerung erst wieder intern aufgebaut werden. Dies kostet Zeit und Geld.
Weiter Nachteile der Auslagerung sind:
- Mögliche Verstimmung des Betriebsklimas. Die Mitarbeiter können die Dienstleister als Konkurrenz sehen oder gar sich Ihres Arbeitsplatzes bedroht fühlen. Dementsprechend kann Widerstand aufkommen.
- Durch die Öffnung gegenüber anderen Firmen, wird das eigene Unternehmen transparenter: Dienstleister erhalten wohlmöglich Zugang zu empfindlichen Daten.
Die Entscheidung zum Outsourcing sollte genauestens analysiert und abgewogen werden. Im Vordergrund sollte zu jedem Zeitpunkt die Zukunftsorientierung stehen und gleichzeitig die Erhaltung der Funktionen, die dem Unternehmen ein Herausstellungsmerkmal geben.
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