Kundenbetreuung – Wer verdient wie viel?
Es ist eine Binsenwahrheit, dass die Betreuung von Stammkunden deutlich weniger kostet als das Akquirieren von neuem Potenzial. Aber auch bei den Stammkunden lohnt sich ein differenzierender Blick.
«Wir behandeln alle Kunden gleich.»
Diesem Grundsatz Rechnung zu tragen ist oft schwierig. Könnte es nicht auch bei Ihnen geschehen, dass Sie den einen oder anderen Kunden nur deshalb so verwöhnen, weil er ständig auffällt? Haben Sie keinen Kunden, der immer wieder die Preise drückt, Ihre Mitarbeitenden anschnauzt und am Schluss nur schleppend zahlt?
Es ist nicht mehr als gerecht, Menschen und Sachverhalte grundsätzlich gleich zu behandeln. Allerdings mit der Einschränkung, dass Ungleiches ebenso ungleich zu behandeln ist. Ein erster Ansatz in diese Richtung war die ABC-Analyse, die Kunden nach Umsätzen oder Deckungsbeiträgen differenziert und die entsprechenden Gruppen auch differenziert betreut. Was normalerweise jedoch nicht erfolgte, war eine quantitative Betrachtungsweise: Wie hoch darf der Betreuungsaufwand – gemessen an seinem Deckungsbeitrag – für einen Kunden sein? Ein grosses Telecomunternehmen ist vor längerer Zeit dieser Frage nachgegangen und hat Erschreckendes festgestellt.
Nutzniesser und Verlierer
Das Unternehmen konnte rasch eine zahlenmässig grosse Gruppe identifizieren, die über Gebühr verwöhnt wurde. Handys zum Kaufpreis von mehreren Hundert Franken wurden faktisch verschenkt in der Hoffnung, der Kunde würde es mit den Jahren durch fleissige Nutzung zurückzahlen. Dass private Nutzer nicht Dutzende von Geräten und Verträgen benötigen und auch zunehmend illoyal geworden sind, wurde zu wenig bedacht.
Auf der anderen Seite traten grosse Nachfrager auf, die nicht selten die gleichen Konditionen wie die «Kleinen» erhielten und im Übrigen auch nicht bessere Bedienung genossen. Da Unternehmen nicht die Zeit haben, ständig über das beste Angebot nachzudenken und rechtzeitig Ansprüche anzumelden, wurden sie teilweise faktisch sogar schlechter bedient.
Folgen und Massnahmen
Wie sich dieses Missverhältnis auswirkte, ist eigentlich völlig logisch. An den kleinen Kunden verdiente man kaum Geld, aber einfach loswerden konnte oder wollte man sie auch nicht. (Heute sehen wir, wie beispielsweise Banken Sparkonten noch mit Zinsen verwöhnen, obwohl sie bei der SNB sogar Negativzinsen für diese Gelder zahlen müssen.) Und auf der anderen Seite sind die grossen Brocken, manchmal sogar im Bereich des Klumpenrisiko, die zu wenig Betreuung bekommen. Es müsste jedermann klar sein, dass die Konkurrenten sich hier die Klinken in die Hand geben, um solche Perlen abzuwerben.
Was kann man tun? Folgende Massnahmen drängen sich auf:
- Unrentable Kunden rentabel machen; durch Reduktion der Betreuung oder Preisanpassungen
- Wenn das nicht geht: Beziehung beenden bzw. auslaufen zu lassen.
- Hochrentable Kunden noch vermehrt als Partner behandeln.